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#27 Selbsthilfe - Wie kann ich mir "selbst helfen"?

"Selbsthilfe" - was ist das eigentlich?

Was ist das erste Bild, das du im Kopf hast, wenn du an Selbsthilfe denkst?

 

Wenn du jetzt instinktiv an eine Gruppe Menschen denkst, die in einem Stuhlkreis sitzen und sich reihum vorstellen, geht es dir wie mir (und vermutlich dem Großteil der Bevölkerung).

„Hallo, mein Name ist ... und ich bin seit drei Tagen trocken.“ So oder so ähnlich.

 

Selbsthilfe hat ein Imageproblem. Das wurde mir bewusst, als ich mich näher damit beschäftigt habe.

Dabei nutzen die meisten von uns diese Form der Hilfe auf ihrem Heilungsweg.

Größtenteils jedoch völlig unbewusst - das heißt, ohne sie konkret als Selbsthilfe wahrzunehmen oder zu bezeichnen.

 

Durch verschiedenste Hollywood-Filme oder -Serien hat sich folgendes Bild von Selbsthilfe in unseren Köpfen eingenistet: Menschen mit ähnlichen Krankheitsbildern finden sich in einer Selbsthilfegruppe zusammen, um sich untereinander auszutauschen und füreinander da zu sein.

Das Entscheidende ist, dass jeder dieser Menschen seine persönliche Geschichte und einen imaginären „Rucksack“ mitbringt, der mit Strategien oder Mitteln gefüllt ist, die seinen oder ihren Heilungsweg erleichtern. Diese Strategien und Mittel bilden den Kern dessen, worum es bei Selbsthilfe im Wesentlichen geht. Selbsthilfe bezeichnet Handlungsmöglichkeiten, die dafür sorgen, dass es einem besser geht. Die den Heilungsweg auf positive Art und Weise fördern und unterstützen.

 

Das Schöne ist, dass in diesem „Selbsthilfe-Rucksack“ Platz für alles Mögliche ist. Er kann mit Büchern, einem Musikinstrument, einer Yogamatte, Stiften und einem Block zum Malen, sogar mit einem Haustier gefüllt sein. Selbsthilfe kann viele unterschiedliche Formen und Farben haben, weil es dabei, wie ihr Name bereits vermuten lässt, in erster Linie um DICH geht und darum, wie du dir selbst helfen kannst. Und wie du weißt, sind wir Menschen unterschiedlich, weshalb sich auch die Art und Weise, auf die wir Selbsthilfe nutzen, von Mensch zu Mensch unterscheiden kann.

Aktive und Passive Selbsthilfe

Selbsthilfe kann den Anschein erwecken, dass man sich lediglich „zu helfen wissen muss“, um die Essstörung zu heilen. Dieser Anschein führt dazu, dass wir uns unter Druck setzen. Dass wir anfangen, an uns zu zweifeln. Denn wenn wir auf dem Heilungsweg nicht vorankommen oder Zeiten von Stillstand erleben, bedeutet das ja wohl, dass wir schlichtweg zu blöd sind, uns „selbst zu helfen“. Dass wir nicht einmal das auf die Reihe bekommen. Dass wir nicht gut genug sind. Wieder einmal.

 

Meiner Meinung nach gibt es zwei Arten von Selbsthilfe: die aktive und die passive.

 

Aktive Selbsthilfe beschreibt die Phasen, in denen du gefragt bist, aktiv zu werden. In diesen Phasen geht es darum, die Zügel in die Hand zu nehmen und deinen Impulsen zu folgen. Wie eingangs erwähnt, kann die aktive Selbsthilfe unterschiedliche Formen und Farben haben. Ob du also tanzt, schreibst, ein Musikinstrument spielst, meditierst oder klettern gehst, ist zweitrangig. Es geht darum, alles was kommt, sein zu lassen. Alles was raus will, rauszulassen. 

Um passive Selbsthilfe besser begreifen zu können, darfst du verstehen, dass es sich bei Selbsthilfe um einen natürlichen Prozess deines Körpers handelt.

 

Wenn du dir in den Finger schneidest, kannst du ganz genau beobachten, wie sich diese Wunde mit einer Kruste verschließt, die nach und nach abheilt. Nach kurzer Zeit bleibt von der Wunde entweder gar nichts oder aber nur noch eine kleine Narbe übrig.

 

Auch auf dem Weg aus der Essstörung strebt dein Körper nach Selbsthilfe. Er setzt alles daran, dass es dir besser geht, heilt dabei jedoch in seinem eigenen Tempo.

Weil er am besten weiß, was er dir zumuten kann und was noch nicht. 

Dir selbst enormen Druck zu machen, weil du glaubst, deine eigenen oder die Erwartungen von Außenstehenden erfüllen zu müssen, die besagen, dass deine Heilung schneller, besser, anders sein sollte, stellt einen Eingriff in diesen natürlichen Prozess deines Körpers dar. Dadurch behinderst du ihn und bewirkst letztlich das genaue Gegenteil von dem, was du dir eigentlich wünschst. Dein Körper braucht Zeit. Es kann und muss nicht alles von heute auf morgen funktionieren.

 

In Phasen der passiven Selbsthilfe geht es also darum anzunehmen, was gerade ist. Du darfst besonders nachsichtig mit dir sein, deinem Körper vertrauen und dich daran erinnern, dass Heilung ein natürlicher Prozess ist, der seine Zeit braucht.

Selbsthilfe vs. konventionelle Therapie

Nur weil ich von Selbsthilfe und den daraus resultierenden positiven Auswirkungen auf die Heilung der Essstörung spreche, heißt das nicht, dass konventionelle Therapie schlecht ist. Es bedeutet auch nicht, dass Selbsthilfe die Therapie ersetzen soll.

 

Therapie ist ein guter Weg, um auf dem Heilungsweg voranzukommen. Doch sie ist eben nur EIN Weg. So oft betone ich, dass jede Essstörung und jeder Heilungsweg individuell sind und es letztendlich einzig und allein darauf ankommt, dass du DEINEN Weg findest.

 

Heute empfinde ich Selbsthilfe als gute Ergänzung zu herkömmlicher Therapie. Die Ursachen der Essstörung aufzudecken und sie über komplexe Prozesse wie Traumalösen, Vergebungsarbeit oder die Umwandlung negativer Glaubenssätze auflösen zu können, erfordert in den allermeisten Fällen professionelle Unterstützung. Diese Unterstützung hast du verdient. Diese Unterstützung darfst du annehmen. Denn nur weil es die Möglichkeit der Selbsthilfe gibt, bedeutet das nicht, dass du alles allein schaffen musst.

 

Selbsthilfe kann dir jedoch abseits deiner wöchentlichen Therapiestunde als Anker für jeden Tag dienen. So kannst du in besonders schwierigen oder herausfordernden Momenten deines Alltags darauf zurückgreifen und aktiv etwas tun, damit es dir besser geht. Das Gefühl der Essstörung dadurch nicht hilflos ausgeliefert, sondern schöpferisch zu sein und Verantwortung für dich und deine Heilung zu übernehmen, verleiht dir Vertrauen. In dich und deinen Weg.

essmo - Wege aus der Essstörung

Dorothea Ristau ist Expertin, wenn es ums Thema Selbsthilfe geht. Auf ihrem Weg durch die Essstörung entdeckte Dorothea ihre Fähigkeit, sich selbst zu helfen. Ohne jemals in Therapie gewesen zu sein, hat sie es geschafft, vollständig zu genesen.

 

Heute trägt Dorothea einen großen Schatz an Erfahrungen und Wissen in ihrem „Rucksack“. Einblicke teilt sie auf ihrer Plattform essmo: Wege aus der Essstörung. Dort schafft sie auch den Raum für Betroffene, selbst Dinge auszuprobieren und eigene Erfahrungen zu sammeln.

 

In ihrer Videoreihe kommt sie mit (ehemaligen) Betroffenen und Fachleuten ins Gespräch, die wunderbare Strategien zur Selbst-hilfe vorstellen. Sofern diese zu dir passen, kannst du sie in deinen Selbsthilfe-Rucksack packen und sie in für dich passenden Momenten herausholen.

Wenn Selbsthilfe auch auf deinem Weg eine wichtige Rolle spielt, du über einen Blog oder eine Internetseite mit deiner Geschichte nach außen gehst und du deine Mittel, Strategien, Ideen und Impulse im Rahmen der Videoreihe teilen möchtest, darfst du dich jederzeit bei Dorothea melden. Nutze dafür sehr gerne das Kontaktformular auf ihrer Website.

Weil es sowohl Dorotheas als auch mein Anliegen ist, das Image von Selbsthilfe aufzupolieren, war es mir eine besondere Ehre, an Dorotheas Videoreihe mitzuwirken. Wir haben ein wunderschönes Gespräch über meine Selbsthilfestrategie, das Schreiben, gesprochen.

Ich hoffe, dass du dir aus diesem Beitrag und dem Video einige wertvolle Erkenntnisse, Impulse und Anregungen mitnehmen kannst ♥ Wie immer freue ich mich, wenn du diese hier oder auf Instagram mit mir teilst. 

 

Alles Liebe,

deine Saskia


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